
Primärfunktion und Aufnahme
Kohlenhydrate dienen der Energiebereitstellung und liefern dabei 4,2kcal pro Gramm. Jede Körperzelle kann auf Kohlenhydrate als Energiequelle zurückgreifen. Da Kohlenhydrate (im Gegensatz zu Fett) ohne Sauerstoff zu Energie verbrannt werden können, sind sie für höchste Belastungsintensitäten notwendig. Kohlenhydrate müssen nicht zwingend mit der Nahrung aufgenommen werden; der Körper kann sie in überlebensnotwendiger Menge selber herstellen ( ! überlebensnotwendig </> optimal).
Aufbau
Kohlenhydrate unterscheiden sich in ihrem Aufbau und lassen sich in drei Kategorien einteilen.
1. Monosaccharide (Einfachzucker)
Es gibt drei verschiedene Einfachzucker; diese bilden die Grundbausteine aller Kohlenhydrate.
Glukose (Traubenzucker)
Fruktose (Fruchtzucker)
Galaktose (Schleimzucker)
2. Disaccharide (Zweifachzucker)
Bestehen aus jeweils zwei zusammengesetzten Monosacchariden, z.B.:
Haushaltszucker (Je ein Molekül Glukose und Fruktose)
Laktose (Je ein Molekül Glukose und Galaktose)
Malzzucker (Zwei Moleküle Glukose)
3. Polysaccharide (Vielfachzucker)
Bestehen aus mehreren tausend Monosacchariden, z.B.:
Stärke (Tausende Glukosemoleküle in einer langen Kette)
Ballaststoffe (Tausende Moleküle, teilweise Glukose, teilweise Fruktose, die nicht verdaut werden können und daher den Bakterien im Dickdarm als Nahrungsquelle dienen)
Die einzelnen Kategorien unterscheiden sich in ihrer Kettenlänge. So besteht Traubenzucker als s.g. Einfachzucker nur aus einem einzelnen Molekül Glukose, während Stärke als s.g. Vielfachzucker eine Kette aus tausenden Glukosemolekülen darstellt.
! Die Verdauungsgeschwindigkeit nimmt mit zunehmender Kettenlänge ab, ebenso der Süße Geschmack. Traubenzucker schmeckt also sehr viel süßer, lässt den Blutzuckerspiegel sehr viel schneller und insgesamt stärker ansteigen als z.B. Stärke aus Kartoffeln. (-> Siehe hierzu Kapitel Glykämischer Index)
Verdauung und Absorption
Die Verdauung der Kohlenhydrate beginnt in der Mundhöhle. Durch Kauen werden die Speisen mechanisch zerkleinert und mit dem Speichel vermischt. Der Mundspeichel enthält das Enzym alpha-Amylase. Dieses beginnt direkt im Mund mit der Aufspaltung der Kohlenhydratketten.
Im Magen stoppt die Verdauung der Kohlenhydrate, da das Enzym alpha-Amylase durch die Magensäure inaktiviert wird. Erst im Dünndarm beginnt die Kohlenhydratverdauung von neuem. Dort wird das in der Bauchspeicheldrüse gebildete Enzym beta-Amylase dem Speisebrei beigemischt. Dadurch werden alle verbleibenden Kohlenhydrate bis auf die Stufe der Monosaccharide aufgespalten und als einzelne Bausteine in den Blutkreislauf aufgenommen.
! Egal ob Haushaltszucker, Traubenzucker, Kartoffeln, Nudeln, Reis oder Brot: Am Ende der Verdauung werden immer die einzelnen Monosaccharide ins Blut aufgenommen.
Glukose erhöht direkt den Blutzucker und steht dem Körper somit unmittelbar als Energiequelle zur Verfügung. Fruktose und Galaktose gelangen zuerst zur Leber, wo sie zu Glukose umgewandelt und dann ins Blut abgegeben werden.
! Bei einem starken Kalorienüberschuss oder einer sehr hohen Zufuhr von Fruktose kann diese auch in der Leber zu Fett umgewandelt werden.
Speicherung
Kohlenhydrate können in Form von Glykogen (Speicherform der Glukose) in Leber und Muskelzellen gespeichert werden. Dabei bindet jeweils 1g Glykogen ebenfalls 3g Wasser.
Leber
Kapazität: 80-120g
Verwendung der gespeicherten Glukose: Nur zur Stabilisierung des Blutzuckerspiegels
Muskulatur
Kapazität: 300-500g
Verwendung der gespeicherten Glukose: Steht nur dem jeweiligen Muskel als Energiesubstrat zur Verfügung. Kann nicht zur Stabilisierung des Blutzuckerspiegels verwendet werden. Kann nur im Muskel durch physikalische Arbeit verbraucht werden.
! Werden über diese Speicherkapazitäten hinaus Kohlenhydrate gegessen, werden diese vom Fettgewebe aufgenommen, umgewandelt und als Fett gespeichert.
Obligate Glukoseverbraucher und Glukoneogenese
Gehirn, rote Blutkörperchen, Immunsystem und Nebennierenmark sind zwingend auf Glukose als Energiesubstrat angewiesen. Pro Tag resultiert daraus ein Bedarf von ~200g Glukose.
! Allein das Gehirn verbraucht davon pro Tag ungefähr 120g. Eine beachtliche Menge Energie, wenn wir bedenken, dass das Gehirn nur ungefähr 2% der Körpermasse ausmacht, gleichzeitig aber ungefähr 20% der täglich benötigen Energie verschlingt.
Glukoneogenese
Ein evolutiv entstandener, körpereigener Mechanismus, um Glukose zu produzieren, sollte über die Nahrung zu wenig aufgenommen werden; der Körper produziert die benötigte Glukose einfach selbst. Aus diesem Grund gelten Kohlenhydrate auch als "nicht essenziell". Was nicht bedeutet, Kohlenhydrate seien unnütz.
Ausgangssubstanzen für die Glukoneogenese sind: Laktat, glukoplastische Aminosäuren, Glycerin (aus dem Fettstoffwechsel)
Glykämischer Index (GI) und Glykämische Last (GL)
Glykämischer Index
Eine Maßzahl zur Bestimmung, wie stark ein Lebensmittel den Blutzuckerspiegel ansteigen lässt. Je höher der GI, desto stärker beeinflusst das Lebensmittel grundsätzlich den Blutzuckerspiegel.
! Traubenzucker (reine Glukose) dient als Referenzgröße und wurde mit dem Wert 100 beziffert.
Lebensmittel lassen sich anhand ihres GI grob in drei Kategorien einteilen:
Hoher GI | über 70 |
Mittlerer GI | 50 - 70 |
Niedriger GI | unter 50 |
Der Verarbeitungsgrad spielt dabei eine wichtige Rolle, so ist der Glykämische Index von Salzkartoffeln z.B. niedriger als der von Kartoffelbrei (auch wenn beide aus Kartoffeln bestehen), da Kartoffelbrei bereits “vorverdaut” ist bzw. eine kleinere Partikelgröße aufweist.
! Der theoretisch mögliche Blutzuckeranstieg wird weiterhin beeinflusst von der Mahlzeitengestaltung (vorhandensein von Ballaststoffen, Protein, Fett) und der Stoffwechsellage (Kalorienüberschuss oder -defizit).
Nachteil für den Alltag: Grundlage der Bewertung sind immer 50g Kohlenhydrate eines Lebensmittels und nicht die tatsächlich gegessene Menge an Kohlenhydraten.
So haben gekochte Karotten und Baguette einen ähnlichen GI von ungefähr 70.
100g Karotten enthalten allerdings lediglich 7,1g Kohlenhydrate, Baguette hingegen 51g.
Um den GI alltagstauglich einzusetzen, wurde dieser um das Konzept der Glykämischen Last erweitert.
Glykämische Last
Dient als Indikator für den ausgelösten Insulinbedarf: je höher, desto mehr Insulin muss die Bauchspeicheldrüse produzieren. Berücksichtigt neben dem Glykämischen Index auch die pro Portion tatsächlich gegessene Menge an Kohlenhydraten.
Manche Lebensmittel haben zwar einen hohen GI, aber so wenig Kohlenhydrate pro Portion, dass sie den Blutzucker insgesamt kaum beeinflussten (siehe das Beispiel mit gekochten Karotten und Baguette)
Auch die glykämische Last kann grob in drei Kategorien unterteilt werden:
Hohe GL | über 20 |
Mittlere GL | 11 - 19 |
Niedrige GL | unter 10 |
Die Glykämische Last zeigt dir, welche Lebensmittel sich wirklich nennenswert auf den Blutzuckerspiegel auswirken.
Fazit
Kohlenhydrate sind weder böse, noch machen sie auf magische Weise nach 18 Uhr dick. Sie sind eine hervorragende Energiequelle, die alle Zellen deines Körpers mit Energie versorgen kann; auch und gerade für höchste Intensitäten wie z.B. Sprints oder Gewichtheben. Raketentreibstoff quasi.
Die Frage ist: Wie viel Raketentreibstoff benötigt dein Körper heute?
